Januar 2021
Das Spiegelbild
Der Rückzugsort ist auf wenige Quadratmeter geschrumpft: In der Pandemie verdichtet sich unsere Existenz.
Nicht verwunderlich, dass sich der Drang nach Entfaltung und Expansion bemerkbar macht. So werden Möbel verrückt, neue Anschaffungen in den virtuellen Warenkorb gelegt, Lieferungen auf die Reise geschickt. Auch der Keller ist durchleuchtet, Fundstücke sind gehoben, der Tand entsorgt. Natürlich kann der andauernde Fokus auf das eigene Spiegelbild an die Nerven gehen. Gerade dann, wenn uns die Blickkontakte mit unserem Gegenüber abhanden kommt oder sich auf flüchtige Begegnungen im Supermarkt und während des Spazierganges reduziert sehen. Das Spiegelbild kann aber auch beflügeln. Es haucht den alten Träumen und Wünschen neuen Atem ein: Ein Lächeln ist zu sehen, Falten glätten sich. Für unhaltbar befundene Pläne werden wieder aufgegriffen, Urlaubsrouten zurechtgelegt, Postkarten verziert. Die kreativen Quellen gurgeln, leise aber beständig. Wir freuen uns auf das Frühjahr!