Oktober 2018
Ach, waren das doch Zeiten! Als sich der friedvolle Wiesn-Kater noch nahtlos in ein arbeitsames Jahresfinale einfädeln ließ. Stattdessen stehen uns herbstlich stürmische Zeiten bevor, sofern man dem unheilvollen Gehämmere aus dem Landtag Glauben schenken mag: Denn dort wird eifrig geschraubt und gedreht, um den neuen Abgeordneten den ihnen gebührenden Platz in der Fraktion zu garantieren. Ob die Hausmeisterseele die Plätze Rechtsaußen mit der gleichen stillen Hingabe pflegen wird, dass muss wohl ein Geheimnis bleiben. Ob es in naher Zukunft nötig werden sollte, einen Sicherheitspuffer für hitzige Debatten einzuplanen, bleibt ebenfalls höchstens eine dunkle Vorahnung auf das, was in diesem demokratischen Gremium noch alles kommen mag. Genießen wir also die Ruhe vor dem Sturm und halten angespannt Ausschau: auf eine neue Qualität an Grundsatzdebatten um Freiheit und Toleranz. Auf den Schlagabtausch neuer Koalitionen und Oppositionen. Und auf die stetig wachsende Politisierung der bayerischen Öffentlichkeit, im Guten wie im Schlechten.
Von unserem gemütlichen Sessel aus, den wir sorgfältig in unserem diesjährigen Schaufenster der Demokratie platziert haben, laden wir Sie ein, behutsam in die Gesichter der Passanten zu schauen, einen freundlichen Blickkontakt aufzunehmen und darüber zu sinnieren, wie es dazu kommen konnte, dass eine solche Ablehnung der bunten Vielfalt in unserer Mitte wieder gesellschaftsfähig werden konnte. Die am Schaufenster vorbeiziehende Realität könnte diese sorgenvollen Gedanken im Wartezustand wohl bald zunichte machten: Zu präsent ist die urbane Lebensfreude und der Wahlsieg eines neuen, grün-toleranten Selbstbewusstseins.
In diesem Sinne: Schraubt nur weiter an den Stühlen dieses Plenums!